Roth & Junius

1889 gründete August Roth in Hagen, Westfalen eine Klavierfabrik, die unter dem Namen "Klavierfabrik August Roth" bis zum Jahre 1900 in dieser Form bestand. Um seine ehrgeizige Expansionspläne verwirklichen zu können und eine breitere finanzielle Basis zu schaffen, nahm August Roth zur Jahrhundertwende einen begüterten Teilhaber. Nach erfolgreichen Verhandlungen wurde das Hagener Unternehmen umbenannt und firmierte fortan als Roth & Junius.


Die Leistungen des Unternehmens überzeugten und dem weiteren Erfolg stand nichts im Wege. Wie viele Klavierhersteller dieser Epoche durfte Roth und Junius sich mit dem Hoflieferantentitel schmücken. Den Hagener Klavierbauern wurden auch zahlreiche Goldmedaillen in diversen Ausstellungen verliehen. Wie üblich in dieser Zeit wurden direkt neben der Fabrik Ausstellungs- und verkäufsräume eröffnet. In Zuge der weiteren Expansion öffnete man kurz danach auch ein Ladengeschäft in Essen und in Berlin. Das Unternehmen war stark genug, den ersten Weltkrieg und die Krisen der 1920er und 1930er Jahre zu meistern. In dieser Zeit setzte verständlicherweise bei den Klavierhersteller ein regelrechten Massensterben ein und viele Klavierbaubetriebe mußten Ihre Tore für immer schliessen. Hatte man sich vorher auf die Herstellung guter Mittelklasse-Fabrikate spezialisiert, nahm Roth und Junius zu Beginn der 1930er Jahre auch die Herstellung von sogenannten "Klein-Klavieren oder Pianinos" auf, die den damaligen wirtschaftlichen und Wohnverhältnissen besser gerecht wurden. 1936 wurde in der Heimatstadt Hagen eine große, vielbeachtete Leistungsschau für Einrichtungsgegenstände eröffnet. Als lokale Grösse wurde selbstverständlich auch Roth & Junius eingeladen und konnte mit ihren Instrumenten voll überzeugen. Der zweite Weltkrieg setzte der Erfolgstory einen starken Dämpfer. Hagen wurde schwer vom allierten Bombardement getroffen und die Fabrik teilweise zerstört. Dennoch wurde das Unternehmen weiter geführt und konnte wieder auf die Füsse kommen.

Die 1980er waren ein sehr schwere Zeit für die europäischen Klavierbauer, denn die extrem starke Konkurrenz aus Japan in Form von Yamaha und Kawai, gefolgt von den Koreanern, setzte vielen Traditionsbetrieben enorm zu. Um einen umrühmlichen, endgültigen Untergang zu entgehen, entschloß sich die Firmenleitung 1985 den traditionsreichen Klavierbaubetrieb mitsamt Aktiva und Mitarbeiter und an den großen Nachbarn Rud. Ibach in Schwelm zu verkaufen. Ibach führte zunächst den Betrieb fort und baute in Hagen bis 1989 Roth & Junius Klaviere weiter. Aus Kostengründen ließ aber er damalige Geschäftführer Rolf Ibach anfang der 1990er Jahre die Instrumente in Südkorea von Young Chang herstellen. Ibach wollte so eine klare Segmentierung schaffen: Ibach Instrumente für die Oberklasse und die Roth & Junius Modellen für die Mittelklasse.

Die Rechnung ging nur teilweise auf und der neue Eigentümer wurde selbst von der weitergehenden Invasion aus Asien überrollt.  Ende der 1990er Jahre kamen die billigen Klavieren nicht mehr aus Japan und Korea sondern aus China und Indonesien. Rolf's Tochter, Sabine, die neue junge Geschäftsführerin war der neuen Situation nicht mehr gewachsen und entschloß sich 2007 aus eigener Veranlassung und schuldenfrei den Betrieb der ältesten Klavierfabrik Deutschlands endgültig einzustellen. In der Folge wurde der noch wertvolle Markenname Roth & Junius an das Musikhaus und Cyberstore Thomann in Treppendorf, Burgerach veräussert. Dieser Händler lässt nun Roth & Junius Flügel in China bauen und bietet sie online zu einem äusserst günstigen Preis an. Dazu werden auch e-Klaviere und Keyboards unter diesen Namen angeboten. Unter neuer Trägerschaft und völlig andere Vorzeichen besteht aber somit der ruhmvolle Traditionsname Roth & Junius noch bis heute in dem deutschen Klaviermarkt.