Wie ein schwäbischer Klavierbaumeister europäischen Klavierherstellern das Leben schwer macht

Die österreichische Firma Wendl & Lung lässt bereits seit 2003 bei dem Massenhersteller Hailun Musical Instruments Co. Ltd. in Ningbo (China) Klaviere mit "Wiener Charme" produzieren. Nun hat sich die deutsche Firma Feurich Klavier-u. Flügelfabrikation GmbH dieser Kooperation angeschlossen und lässt, wie wir bereits berichteten, nun ebenfalls "Feurich Traditions-Klaviere" in China bauen. Bei der Firma Hailun in Ningbo arbeiten über 2.000 fleissige Kräfte. Nun bekommen die Chinesen fachkundige Unterstützung aus dem schönen Aldingen. Klavierbaumeister Jörg Hauser hatte 1990 seine Werkstatt am Fuß der Schwäbischen Alb an der Prim eröffnet und sich ganz auf die Restaurierung historischer Instrumente spezialisiert.




Unverhofft kam vor ca. 18 Monaten das Angebot aus Wien, den chinesischen Instrumenten"deutsche Qualität" einzuflößen. Jörg Hauser flog hin und machte sich gleich an die Arbeit. Allerdings bleibt der Meister aus Deutschland nie länger als 14 Tage vor Ort. Die Hafenstadt Ningbo mit ihren 5,5 Mio Einwohner ist zwar als aufstrebende Industriestadt ganz interessant, aber doch nicht mit dem Landkreis Tuttlingen zu vergleichen. Chinesisch wird Jörg Hauser wohl niemals lernen können. Zu erwarten, dass die Mitarbeiter bei Hailun schwäbisch lernen wäre ebenfalls utopisch. Insofern funktioniert die Völkerverständigung in den Werkshallen nach dem Prinzip "Der Meister zeigt es, der Geselle tut es". Technologietransfer an der Basis eben.




Jörg Hauser ist von der enormen Lernfähigkeit und grenzenlosen Wißbegierigkeit der Chinesen total begeistert. Der tüchtige Schwabe gehört zu der kleinen Phalanx der deutschen Klaviermeister, die Dank ihres Einsatzes die Qualität der Klaviere "Made in China" in den letzten Jahren deutlich angehoben haben. Der Nachweis ihres Erfolges lässt sich klar am erbärmlichen Zustand der deutschen Klavierindustrie ablesen. Derweil sind nur noch 14 gewerbsmässige Klavierhersteller in den deutschen Landen heimisch. Tendenz weiter sinkend. Die verbleibenden letzten deutschen Hersteller haben für die Zukunft im Prinzip drei Optionen: a) einen teuren Konkurrenzkampf um sich, in der von Bösendorfer, Fazioli und Steinway besetzten Welt-Spitzen-Nischenklasse (ca. 2.000 Instrumente/Jahr) zu etablieren, b) wie Feurich und Konsorten in China zu produzieren und hoffen, dass der Kunde das nicht so richtig mitbekommt und die ehemalige Traditionsmarke doch honoriert und deutlich mehr bezahlt für chinesische Instrumente, die von einem deutschen Meister "gesegnet" sind, oder C) wie Rud. Ibach Sohn schon 2007 wohlweislich erkannt hat, dass ein Weitermachen in Deutschland nur sinnlose Kapitalvernichtung nach sich zieht.




Für den Kunden wird es in Zukunft immer schwieriger einen Überblick zu behalten, wer, wo was macht. Die Gewissheit von heute währt nicht lange. Angesichts erdrückender Überkapazitäten sind die Klavierhersteller gezwungen, allerlei Kompromisse einzugehen und dabei teilweise Ihren Untergang selbst zu besiegeln.

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